Johann Christoph Wagenseil (1633-1705)

Sammlung Wagenseil

Hg. von Hartmut Bobzin and Hermann Süß
580 Titel mit zusammen ca. 180.000 Seiten
inkl. MAB2/MARC21-Titeldaten

Mikrofiche Edition

1.847 Mikrofiches, 2001, 1996, ISBN 3-89131-227-X
Diazo negativ: 11.000,– (exkl. Mwst.) / EUR 13.090,– (inkl. Mwst.)
Silber negativ: 13.200,– (exkl. Mwst.) / EUR 15.708,– (inkl. Mwst.)
Katalog

Der »Katalog der Sammlung Wagenseil« auf CD-ROM (mit Abb. aller Titelseiten) kann beim Verlag angefordert werden.

Buchpublikation von Peter Blastenbrei:
Johann Christoph Wagenseil und seine Stellung zum Judentum

Die Sammlung und die Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg

Die Universitätsbibliothek Erlangen übernahm im Laufe ihres über 250jährigen Bestehens eine Reihe interessanter und wertvoller öffentlicher und privater Büchersammlungen. Die beträchtlichst Erweiterung ihres Bücherbestandes erfuhr die Universitätsbibliothek Erlangen jedoch, als 1809 die Universität Altdorf aufgelöst und deren Bestände 1818 nach Erlangen überführt wurden. Zum Altdorfer Erbe zählt auch eine beachtliche Sammlung von Hebraica und orientalischer Literatur im allgemeinen. Der größteTeil dieser Hebraica stammt aus dem Besitz des Altdorfer Polyhistors, Juristen und Orientalisten Johann Christoph Wagenseil.

Johann Christoph Wagenseil

Johann Christoph Wagenseil wurde 1633 in Nürnberg geboren und starb in Altdorf im Jahr 1705. Nach Beendigung seiner Studien bereiste er als Hofmeister und Prinzenerzieher mehr als zehn Jahre lang die Länder Europas und des Vorderen Orients, worüber er auch ein Werk verfaßte:

»Von Erziehung eines jungen Printzen, der vor allen Studien ein Abscheu hat, dasz er dennoch gelehrt und geschickt werde, auf Röm. Kayserl. Majest. allergnaedigsten Befehl entworffen und Deroselben allerunterthänigst gewidmet. Es werden Gedancken beygefüget, welcher Gestalt ein jeder Mensch einer seiner Geschlecht, Alter und Lebens-Beschaffenheit wol anständigen Wissenschaft in Geistl. und Weltl. Sachen leicht anzuführen«, Leipzig 1705.

Bereits während dieser Reisen konnte Wagenseil den Grundstock zu seiner Bibliothek legen. Denn im Jahr 1666, als viele Juden unter dem Eindruck des Pseudomessias Sabbethai Zvi ihre Habe veräußerten, war es ihm in Amsterdam gelungen, eine Reihe höchst seltener Hebraica zu erwerben. Ab 1667 war Wagenseil Professor für Geschichte und Öffentliches Recht, ab 1674 für Orientalistik und ab 1697 für Kanonisches Recht in Altdorf. Wagenseil selbst war Verfasser und Herausgeber mehrerer wichtiger Werke zur jüdischen Kultur. Unter anderem ließ er seltene jüdische Schriften nachdrucken, so in den »Tela Ignea Satanae« (Die Feuerpfeile des Satans), Altdorf 1681 (VK 112; 113). Neben einer Jüdisch-Deutschen Kurzgrammatik gab er eine kleine Chrestomatie jiddischer Schriften unter dem Titel »Belehrung der Jüdisch-Teutschen Red- und Schreibart«, Königsberg 1699, heraus.

Die Sammlung Wagenseil

Bereits kurz nach dem Tode Wagenseils im Jahr 1705 setzten Bestrebungen der Erben ein, die Büchersammlung zu verkaufen. Doch erst 1708 kam es zum Abschluß des Handels: Die Universität Altdorf erwarb die Sammlung der ca. 600 Titel, die in 300 Bänden gebunden waren, zum Preis von 450 Gulden. Dieser Preis war so beträchtlich, daß die Universität bis 1713 Ratenzahlungen an die Erben Wagenseils leisten mußte. Die ca. 300 Bände gliedern sich, wie wir heute wissen, etwa wie folgt: 150 Bände Hebraica, d.h. Schriften von Juden für Juden in hebräischer Sprache, 55 Bände Hebraica christlicher Hebraisten und 95 Bände philologischer Literatur von Äthiopisch und Arabisch über Griechisch und Japanisch bis Persisch und Syrisch. Inhaltlich liegen die Schwerpunkte bei Bibeln (einsprachige, zwei-, drei- und viersprachige Parallelausgaben), Talmudausgaben, Sittenbeschreibungen und Geschichtsliteratur, Grammatiken und Wörterbüchern sowie Rara der jüdisch-deutschen Literatur. Zu den ältesten Drucken der Sammlung Wagenseil zählen Elia Levita, »Capitula Cantici ...«, Basel 1527 (VK 248/1) und Moses Maimonides, »Logica Sapientis ...«, Basel 1527 (VK 248/2). Erwähnenswert sind auch der älteste arabische Druck von Avicennas »Canon«, Rom 1592, verschiedene Werke des Leidener Orientalisten Thomas Erpenius (1584–1624) sowie einige syrische Drucke aus Paris (Anfang 17. Jhd.).

Der Verkaufskatalog (VK)

Beim Ankauf der Wagenseilschen Büchersammlung ließ die Universität Altdorf ein Verzeichnis über diesen Buchbestand anlegen. Dieser »Catalogus Libb. Rabb. hebr. et Philol. B. Wagenseilii« (Verkaufskatalog) galt nach der Auflösung der Altdorfer Bibliothek aber als verschollen. Ohne diesen Katalog und mangels ausreichender Sprachkenntnisse geriet die Sammlung Wagenseil allmählich in Vergessenheit. Hinzu kam, daß die Sammlung nicht gesondert aufgestellt wurde, sondern daß – außer den Rabbinica – die Bände bereits 1749 auf andere Fächer verteilt und auch nicht ausreichend katalogisiert wurden. So steht der größte Teil der Wagenseilschen Bücher heute in den Fächern »Or.«, »Rab.« und »Thl.« des allgemeinen Altbestandes. Einzelne Bände finden sich verstreut unter den Signaturen »Altd.«, »Ggr.«, »Hist.«, »Jur.«, »Med.«, »Mth.« und »Nspr.«.

Die Rekonstruktion der Sammlung

1981 war für die Sammlung Wagenseil ein Schicksalsjahr – der als verschollen geglaubte Verkaufskatalog wurde in einem Konvolut von Altdorfer Universitätsakten wiederentdeckt. Nun wurde es möglich, die Sammlung Wagenseil zu rekonstruieren. Seit mehreren Jahren befaßt sich Hermann Süß intensiv mit dieser Aufgabe. Ihm ist es gelungen, alle im Verkaufskatalog genannten Titel bibliographisch neu zu erfassen und die verstreut aufgestellten Wagenseilschen Bücher nahezu vollständig zu identifizieren.

Die Mikrofiche Edition

Die Mikrofiche Edition der Sammlung Wagenseil wird herausgegeben und wissenschaftlich betreut von Hartmut Bobzin, Professor für Islamwissenschaft und semitische Philologie an der Universität Erlangen, und Hermann Süß, dem die Rekonstruktion der Sammlung weitgehend zu verdanken ist. Die Edition enthält alle noch nachweisbaren Werke der Sammlung. Nur etwa 20 Titel der Sammlung sind nicht mehr auffindbar, in einigen wenigen Fällen wurden Exemplare nicht Wagenseilscher Provenienz verfilmt, da das im Verkaufskatalog aufgeführte Wagenseilsche Exemplar als Dublette abgegeben wurde.