Zwischen Polemik und Kritik:
August von Kotzebues Zeitschriften

Titelblatt «Die Grille»
Titelblatt «Für Geist und Herz»
Titelblatt "Der Freimüthige"

Die Zeitschriften des August von Kotzebue

Gesamtedition:
8 Zeitschriften mit 39.329 Seiten auf 307 Mikrofiches, 1997, ISBN 3-89131-230-X
Silber negativ: EUR 2.796,– (ohne Mwst.) / EUR 3.327,24 (inkl. Mwst.)

Die Gesamtedition enthält die folgenden, auch einzeln lieferbaren Zeitschriften:

Neben den klassischen Literaten und Dichtern des 18. Jahrhunderts wie Goethe, Herder und den Brüdern Schlegel tritt die schillernde Persönlichkeit August Friedrich von Kotzebues (1761-1819) heute meist in den Hintergrund. Der gerne als Trivialautor gehandelte, zugleich gering- und hochgeschätzte Dramatiker und Redakteur Kotzebue hat jedoch mit seiner bissigen und dabei breit rezipierten Polemik nicht nur das zeitgenössische Goethebild, sondern auch die allgemeine literarische Diskussion seiner Zeit maßgeblich mitgeprägt.

Während der Napoleonischen Herrschaft kritisierte Kotzebue die frankophile Gesinnung seiner Landsleute und Kollegen. Seine Anfang des 19. Jahrhunderts formulierte literarische und politische Polemik stellt sich dar als Kaleidoskop der oft verschwiegenen und literaturwissenschaftlich vernachlässigten Strömungen dieser Zeit.

Den Beginn von Kotzebues Laufbahn als Redakteur und Herausgeber verschiedener Zeitschriften bildeten 1786 vier Bände mit insgesamt 12 Stücken der Zeitschrift Für Geist und Herz. Nach der öffentlichen Kompromittierung Goethes in Weimar und einem kurzen Aufenthalt in Paris gründete Kotzebue den Freimüthigen (1803-1811), mit dem er seine literarische Fehde gegen Goethe fortführte. Mit diesem Blatt, als dessen Mitherausgeber Garlieb Merkel bis 1806 zeichnete, entstand in Berlin ein führendes Organ und öffentliches Sprachrohr gegen die Romantiker und den Weimarer Dichterkreis. Das Journal hatte einen großen Kreis in- und ausländischer Korrespondenten, es enthält kurze Notizen und längere Beiträge über Kunst, Literatur und Politik. Namhafte Kritiker wie Ludwig Ferdinand Huber lieferten dafür ausgezeichnete Rezensionen. 1807 stand das Blatt auf der Proskriptionsliste, setzte sein Erscheinen für ein Jahr aus und wurde 1808 von August Kuhn weitergeführt.

Napoleons Sieg und Niederlage (1806/13) stecken den Rahmen zweier Zeitschriften ab, die Kotzebue vom estländischen Exil aus herausgab. Mit der Quartals- und späteren Monatsschrift Biene (1808-1810) und deren Nachfolgerin Grille (1810/11) schuf der weltmännisch gewandte Literat ein politisches Zeitdokument im Kampf gegen Napoleon.

Durchsetzt mit einer Fülle von im Plauderton gehaltenen Anspielungen auf politische und soziale Verhältnisse, zeigen die Artikel der Biene Kotzebues vielseitiges schriftstellerisches Talent. Als Sammlung von geschichtlichen und geographischen Aufsätzen, Erzählungen, Anekdoten und humoristischen Plaudereien entsprach die Zeitschrift dem damaligen Unterhaltungsbedürfnis der breiten Masse, ohne ihre politische Aufgabe einzubüßen. Die Grille vermied hingegen sämtliche polemische Angriffe auf Napoleon. Inhaltlich setzte sie die Biene fort, wobei an die Stelle der politischen Kritik die literarische trat.

Angenehme Lektüre sollte die ab 1811 in Aarau erschienene Monatsschrift Erheiterungen (1811-1827) bieten. Ihren Herausgebern, neben Kotzebue waren es Karl G. Grass, Joseph v. Ittner und Heinrich Zschokke, lag an unterhaltsamer Abwechslung. Leichtverdauliches in Form von Gedichten, Erzählungen, Anekdoten, Reisebeschreibungen und biographischen Abhandlungen gaben dem Journal seinen Charakter. Ein nur kurzer Erscheinungszeitraum war den Politischen Flugblättern von 1814/15 beschieden.

1817 kehrte Kotzebue ein letztes Mal nach Weimar zurück und gründete dort ein Jahr später das Literarische Wochenblatt (1818-1820), das er bis zu seinem Tod am 23. März 1819 redigierte. Rezensionen bedeutender Werke, biographische Skizzen und Portraits über Zeitgenossen, Nachrichten aus Kunst und Theater sowie Inhaltsangaben unterschiedlichster Zeitschriftenaufsätze aus dem In- und Ausland setzten die Schwerpunkte dieses Blattes.

»Kotzebues Schatten« ist als Redakteur in der Titelei der 1823 erschienenen Hektate genannt. Mit diesem Journal, das mit Reisebeschreibungen, Theater- und Literaturrezensionen sowie Kulturnachrichten der Anlage nach dem Literarischen Wochenblatt verwandt ist, setzte Adolf Müllner einen posthumen Schlußpunkt unter die Redaktionstätigkeit seines Freundes Kotzebue.

So umstritten Kotzebue in seiner eigenen Zeit war, über ihn hinwegsehen konnten seine Zeitgenossen nicht. Auch heute kommt, wer das literarische Leben der Goethe-Zeit kennenlernen will, kaum umhin, der Stellung Kotzebues angemessene Beachtung zu schenken. Neben seinem dramatischen Werk sind Kotzebues Zeitschriften dafür unverzichtbar. Die Mikrofiche Edition der Zeitschriften Kotzebues gewährt jetzt Zugang zu diesen Werken, die heute nur noch in wenigen, meist lückenhaften Exemplaren nachweisbar sind.